Superfoods - Wie "super" sind sie wirklich?

Um mit der großen Verwirrung bei der Ernährung aufzuräumen, gibt die Berliner Ernährungsexpertin Kerstin Obermoser Einblicke in ihr Wissen. Gerade der Marketing-Trend “Superfood” ist für ihre KlientInnen häufig eine Stolperfalle.

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Der Duden definiert Superfoods als „besonders gesunde und nährstoffreiche Nahrungsmittel“ (2019). Laut dem Europäischen Informationszentrum für Lebensmittel versteht man unter Superfoods Nahrungsmittel, vor allem Obst und Gemüse, die aufgrund ihres höheren Nährstoffgehaltes gesünder sind als andere Nahrungsmittel (Eufic 2012). Das heißt, das sind Nahrungsmittel, die über besonders wertvolle Inhaltsstoffe in hoher Konzentration verfügen. 

Was macht ein Superfood zum Superfood?

Es gibt aber keine verbindliche Definition dafür, was ein Superfood ist und was nicht. Laut der Health Claim Verordnung ist es verboten, mit einer gesundheitsfördernden Wirkung zu werben, so lange diese nicht durch strenge Zulassungsverfahren bestätigt wurde (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, 2019).

Beworben wird der hohe Anteil an Antioxidantien, über die das Superfood verfügt. Zu den Antioxidantien zählen unter anderem Vitamin A, C und E, sekundäre Pflanzenstoffe wie Caratinoide, Flavonoide oder Anthocyane, aber auch das Spurenelement Selen. Antioxidantien dienen als freie Radikale und schützen uns dadurch vor reaktiven Sauerstoffverbindungen, die Entzündungsprozesse und chronische Krankheiten im Körper hervorrufen.

Vor- und Nachteile von Superfoods

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Superfoods können aufgrund ihrer hohen Nährstoffdichte eine positive Ergänzung unseres Speiseplans sein. Jedoch lässt sich das gleiche meistens auch über heimische Lebensmittel sagen.

In Zeiten der Klimadiskussion gilt es zu überlegen, ob es wirklich notwendig ist, Superfoods vom anderen Ende der Welt zu importieren, oder ob wir auf regionale Produkte mit ähnlicher Wirkung zurückgreifen können. Gleichzeitig bedeutet eine erhöhte Nachfrage dieser Produkte die Gefahr einer Preissteigerung im Anbauland. Der Preis des Produktes ist für die heimische Bevölkerung plötzlich kaum mehr bezahlbar, wie die Beispiele von Quinoa und Avocado zeigen.

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Neben der Umweltthematik gilt es zu bedenken, dass unser Organismus nicht an alle Inhaltsstoffe dieser für unseren Körper oft fremden Nahrungsmittel gewöhnt ist und eventuell mit allergischen Reaktionen darauf antwortet. Manche Superfoods haben eine Wechselwirkung auf Medikamente, wie z.B. Gojibeeren und blutverdünnende Medikamente. Gojibeeren verstärken die blutgerinnende Wirkung dieser Medikamente und das Risiko einer Blutung steigt. 

Wir sollten uns auch fragen, wie die Umweltbelastungen, die Anbau- und Arbeitsbedingungen, sowie die Kontrollen in dem jeweiligen Anbauland sind. Entspricht das unseren Kriterien?

Lange Transportwege verringern die Wirkung

Durch die Verarbeitung von Superfoods geht bereits ein Teil der Nährstoffe verloren, z.B. wenn man sie als Saft, Pulver oder Kapsel einnimmt. Der Vorteil bei heimischen und regionalen Superfoods ist, dass sie am höchsten Reifungsgrad geerntet werden und somit über den höchstmöglichen Nährstoffgehalt verfügen. Die Transportwege und Lagerzeiten sind kurz. Das kommt nicht nur der Umwelt zugute und spart Energie, sondern vermindert auch den Nährstoffverlust. Viele Nährstoffe gehen nämlich durch den Einfluss von Licht, Wärme und langen Lagerzeiten verloren.

Die solide Alternative

Ich bin davon überzeugt, dass sich die Natur etwas dabei gedacht hat, warum es zu gewissen Jahreszeiten spezielle Nahrungsmittel gibt. Nehmen wir das Beispiel Kohl, der in der kalten Jahreszeit wächst. Er verfügt über sehr viel Vitamin C, dass wir gerade in der Erkältungszeit im Winter vermehrt brauchen. 

Ich bin davon überzeugt, dass unser Organismus und unsere heimischen Lebensmittel aufeinander abgestimmt sind. Deshalb wäre meine Empfehlung, in erster Linie auf Produkte aus der Region in der jeweiligen Saison zuzugreifen, denn dann halten die Nahrungsmittel auch die meisten Nährstoffe für uns bereit. Auch würde ich gerade bei Obst und Gemüse nach Möglichkeit auf Bioqualität, am besten Bioland oder Demeter achten. Speziell bei Sorten, die über einen hohen Wasseranteil verfügen (wie z.B. Pilze, Gurken, Tomaten oder Erdbeeren), roh oder mit Schale verzehrt werden.

Meine Highlights an heimischen Superfoods:

  • Kohl, insbesondere Grün- und Rosenkohl

  • Brokkoli, Kohlrabi

  • Beeren, v.a. dunkle Beeren, Acerola und Sanddorn

  • Farbintensives Gemüse wie Kürbis, rote Bete, Spinat etc.

  • Vollkorn- und Pseudogetreide wie Hirse und Buchweizen

  • Nüsse und Saaten

  • Hülsenfrüchte

  • Zwiebel, Knoblauch und Lauch

  • Sprossen, Kräuter und Wildkräuter wie Brennnessel, Girsch & Co

Also warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch so nahe liegt? Esst naturbelassene, regionale und saisonale Produkte und ergänzt sie bei Bedarf mit Superfoods eurer Wahl. Sie können eine Bereicherung sein, notwendig sind sie aber nicht.

Zur Autorin

Kerstin Obermoser

Mit „Iss bewusst“ steht Kerstin Obermoser für eine gesunde, genussvolle und bewusste Ernährung. Sie lebt, was sie liebt: Gutes Essen, eine gesunde und ausgewogene Ernährung, ganzheitliche Gesundheit, natürliche & nachhaltige Lebensmittel. Genuss und gesunde Ernährung schließen sich hier nicht aus. Ihr praxisnahes Wissen gibt die Ernährungsberaterin in Einzelcoachings, Vorträgen und Workshops weiter. Hierbei geht es ihr nicht nur um die Wissensvermittlung, sondern vor allem um die praktische Umsetzung im Alltag durch Einfachheit und langfristige Verhaltensänderung.

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